Das Deutsche Seminar der Leibniz Universität und das Literaturhaus Hannover haben zum Wintersemester 2022/23 die gemeinsame
Poetikdozentur NEUE DEUTSCHE LITERATUR eingerichtet. Gefördert wird das Kooperationsprojekt von der VGH Stiftung.
Die neu geschaffene Dozentur widmet sich neuen Schreibweisen unserer postmigrantischen und diversen Gesellschaft: NEUE DEUTSCHE LITERATUR fragt nach gegenwärtigen Schreibweisen, die eine Gesellschaft der Vielen als solche anerkennen, abbilden und adressieren. Die Poetikdozent*innen werden anhand dieses Anspruchs an ihr Werk ausgewählt – unabhängig von ihrer jeweiligen Identität und Herkunftsgeschichte.
Dem Auswahlgremium gehörten Vertreter*innen des Literaturhauses Hannover, des Deutschen Seminars der Leibniz Universität sowie als Gastjuror der Publizist und Autor Max Czollek an.
Nava Ebrahimi
Nava Ebrahimi wurde 1978 in Teheran geboren, ist in Köln aufgewachsen und lebt heute in Graz. In ihrem Schreiben umkreist Nava Ebrahimi Fragen nach kulturellen und sprachlichen Identitäten und deren Brüchigkeit, sucht aber immer auch nach dem Verbindenden. Ihre Romane Sechzehn Wörter (2017) und Das Paradies meines Nachbarn (2020) sind preisgekrönt – 2021 erhielt sie zudem den Ingeborg-Bachmann-Preis für Der Cousin. Das Stück Die Cousinen (eine Weiterentwicklung dieses Textes) wurde 2023 am Wiener Volkstheater uraufgeführt. 2024 erschienen ihre Grazer Vorlesungen zur Kunst des Schreibens sowie ihre Rede anlässlich der Wiedereröffnung des Burgtheaters nach der Corona-Pandemie unter dem Titel Wer ich geworden wäre, wenn alles ganz anders gekommen wäre.
News. Blog. Material.
Aktuelles aus der Dozentur
13. September 2024
In der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung ist ein Bericht von Philipp Schlüter über die neue Poetikdozentin Nava Ebrahimi erschienen. »Die Poetikdozentur hat einen Schwerpunkt: ...
11. September 2024
Die Hannoversche Poetikdozentin für das Wintersemester 2024/25 ist Nava Ebrahimi. Ebrahimi wurde 1978 in Teheran geboren, ist in Köln aufgewachsen und lebt heute in Graz. ...
5. September 2024
Alexander Kluy hat in der Jüdischen Allgemeinen den neu erschienen Band mit der Poetikvorlesung von Lena Gorelik (Poetikdozentin 2022/23) rezensiert: https://www.juedische-allgemeine.de/kultur/immer-voller-zweifel/ ...
Schreibweisen.
Stimmen aus der Literatur der Vielen.
»Ich bin nicht: die Ausgeburt der integrierten Gesellschaft. Ich bin nicht: das Mädchen, das ihr euch angucken könnt, um mitleidig zu erklären, ihr hättet euch mit den Migranten beschäftigt und es sei ja alles so dramatisch, aber auch bewundernswert. Ich bin nicht: das Mädchen aus dem Getto.«
»Je öfter sie mich nach zu Hause fragen und damit andere Länder meinen, nicht Deutschland, desto gewählter lasse ich meine Sätze klingen. Es dauert Jahre, bis ich in kurzen Sätzen denken kann, die kein an die richtige Stelle gesetztes Verb brauchen: Ihr Rassisten.«
»Ich habe mehr Privilegien, als je eine Person in meiner Familie hatte. Und trotzdem bin ich am Arsch. Ich werde von mehr Leuten gehasst, als meine Großmutter es sich vorstellen kann. Am Tag der Bundestagswahl versuche ich ihr mit dieser Behauptung 20 Minuten lang auszureden, eine rechte Partei zu wählen.«
»Es ist die Perspektive des und und und. Des: dazu.
Nicht ein- oder aus-. Nicht wir und ihr. Nicht entweder
oder.
Vielleicht ist das die neue Perspektive, die gelten
sollte: Lesen aus mindestens zwei Richtungen.«
»Appropriation heißt es, beruhigt sier sich weiter, wenn man nicht mit auf dem Spiel steht. Aber wer schätzt das schon bei sich selbst richtig ein?«
»Seht nur, wie sie marschieren, die Wütenden und Besorgten, die gut Situierten und Zukurzgekommenen, die sich im Besitz der besseren Wahrheit meinen, einem Wir geschuldet, das nicht alle umschließt.«
»niemand wird wissen, von welchen rändern wir aus sprechen und dass wir darüber sprechen können, ändert nichts daran.«