Das Deutsche Seminar der Leibniz Universität und das Literaturhaus Hannover haben zum Wintersemester 2022/23 die gemeinsame
Poetikdozentur NEUE DEUTSCHE LITERATUR eingerichtet. Gefördert wird das Kooperationsprojekt von der VGH Stiftung.
Die neu geschaffene Dozentur widmet sich neuen Schreibweisen unserer postmigrantischen und diversen Gesellschaft: NEUE DEUTSCHE LITERATUR fragt nach gegenwärtigen Schreibweisen, die eine Gesellschaft der Vielen als solche anerkennen, abbilden und adressieren. Die Poetikdozent*innen werden anhand dieses Anspruchs an ihr Werk ausgewählt – unabhängig von ihrer jeweiligen Identität und Herkunftsgeschichte.
Dem Auswahlgremium gehörten Vertreter*innen des Literaturhauses Hannover, des Deutschen Seminars der Leibniz Universität sowie als Gastjuror der Publizist und Autor Max Czollek an.
Ann Cotten
Ann Cotten wurde 1982 in Iowa geboren und wuchs in Wien auf. Ob als Autorin oder Übersetzerin – Ann Cotten bewegt sich in ihrem Schreiben zwischen den Sprachen und Bedeutungsebenen. Ihrem mehrfach preisgekrönten Debüt-Gedichtband Fremdwörterbuchsonette (2007) folgten weitere lyrische Arbeiten wie Florida-Räume (2010) sowie Prosabände wie Der schaudernde Fächer (2013) und Lyophilia (2019). 2023 erschien Die Anleitungen der Vorfahren. Für ihr literarisches Schaffen wurde Ann Cotten u. a. mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis 2014, dem Hugo-Ball-Preis 2017 und dem Gert-Jonke-Preis 2021 ausgezeichnet. Über ihr literarisches Schaffen hinaus verfasst Cotten literaturtheoretische sowie journalistische Texte.
News. Blog. Material.
Aktuelles aus der Dozentur
18. November 2023
Am Mittwoch, den 10.01.24 um 19 Uhr (Achtung, neuer Termin) findet die Auftaktvorlesung zur Poetikdozentur mit Ann Cotten im Literaturhaus statt. Unsere Poetikdozentur ...
2. November 2023
Das Studierendenmagazin "nullfünfelf" hat ein Interview mit Ann Cotten über die Aufgaben und Ziele ihrer Poetikdozentur geführt, das hier einsehbar ist: Beitragsbild: ...
31. August 2023
Beitragsbild: © Bogenberger Autorenfotos / Suhrkamp Verlag Die neue Poetikdozentin Ann Cotten spricht mit Mischa Kreiskott von NDR Kultur über ihre Rolle bei der ...
Schreibweisen.
Stimmen aus der Literatur der Vielen.
»Ich bin nicht: die Ausgeburt der integrierten Gesellschaft. Ich bin nicht: das Mädchen, das ihr euch angucken könnt, um mitleidig zu erklären, ihr hättet euch mit den Migranten beschäftigt und es sei ja alles so dramatisch, aber auch bewundernswert. Ich bin nicht: das Mädchen aus dem Getto.«
»Seht nur, wie sie marschieren, die Wütenden und Besorgten, die gut Situierten und Zukurzgekommenen, die sich im Besitz der besseren Wahrheit meinen, einem Wir geschuldet, das nicht alle umschließt.«
»Es ist die Perspektive des und und und. Des: dazu.
Nicht ein- oder aus-. Nicht wir und ihr. Nicht entweder
oder.
Vielleicht ist das die neue Perspektive, die gelten
sollte: Lesen aus mindestens zwei Richtungen.«
»Ich habe mehr Privilegien, als je eine Person in meiner Familie hatte. Und trotzdem bin ich am Arsch. Ich werde von mehr Leuten gehasst, als meine Großmutter es sich vorstellen kann. Am Tag der Bundestagswahl versuche ich ihr mit dieser Behauptung 20 Minuten lang auszureden, eine rechte Partei zu wählen.«
»niemand wird wissen, von welchen rändern wir aus sprechen und dass wir darüber sprechen können, ändert nichts daran.«
»Appropriation heißt es, beruhigt sier sich weiter, wenn man nicht mit auf dem Spiel steht. Aber wer schätzt das schon bei sich selbst richtig ein?«
»Je öfter sie mich nach zu Hause fragen und damit andere Länder meinen, nicht Deutschland, desto gewählter lasse ich meine Sätze klingen. Es dauert Jahre, bis ich in kurzen Sätzen denken kann, die kein an die richtige Stelle gesetztes Verb brauchen: Ihr Rassisten.«